© Bundesrat | Dirk Deckbar
Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Ländern haben sich am 24. März 2021 im Vermittlungsausschuss auf zahlreiche Änderungen am "Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020" geeinigt.
Die Bundesregierung hatte am 24. Februar 2021 beschlossen, das Gremium anzurufen, nachdem der Bundestagsbeschluss am 12. Februar 2021 im Plenum des Bundesrates nicht die erforderliche absolute Mehrheit von 35 Stimmen erhalten hatte. Der Einigungsvorschlag sieht strengere Voraussetzungen für die Auskunft über Nutzungsdaten und die Herausgabe von Passwörtern an Strafverfolgungsbehörden vor und schafft mehr Übersichtlichkeit und Rechtsklarheit im Telemediengesetz.
Bisherige Vorgaben verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 27. Mai 2020 Paragraph 113 des Telekommunikationsgesetzes und mehrere Fachgesetze des Bundes, die die manuelle Bestandsdatenauskunft regeln, für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht stellte dabei fest, dass diese die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses verletzen. Das am 28. Januar 2021 vom Bundestag beschlossene Gesetz sollte der Umsetzung des höchstrichterlichen Beschlusses dienen, der die Voraussetzungen der zulässigen Bestandsdatenauskunft präzisiert.
Regelungen zu Bestandsdaten und Nutzungsdaten
Die manuelle Bestandsdatenauskunft ermöglicht es Sicherheitsbehörden, von Telekommunikationsunternehmen Auskunft insbesondere über den Anschlussinhaber eines Telefonanschlusses oder einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse zu erlangen. Bestandsdaten sind personenbezogene Daten der Kunden, die im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung von Verträgen stehen. Das Gesetz trifft aber auch Regelungen zu Nutzungsdaten, die Anbieter benötigen, um die Inanspruchnahme ihrer Dienste zu ermöglichen und abzurechnen.
Rechtsgrundlage für Übermittlung und Abruf
Mit dem Gesetzesbeschluss wollte der Bundestag entsprechend dem Beschluss des Verfassungsgerichts nach dem Bild einer Doppeltür sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch die Behörden jeweils verhältnismäßige Rechtsgrundlagen schaffen. Übermittlungs- und Abrufregelungen sollten die Verwendungszwecke der Daten hinreichend begrenzen, indem sie insbesondere tatbestandliche Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz vorsehen. Ob der Gesetzesbeschluss die Vorgaben vollständig umgesetzt und damit zu einer verfassungsgemäßen Lösung geführt hätte, war allerdings umstritten.
Kompromiss im Vermittlungsverfahren
Der Vermittlungsausschuss schlägt nun an vielen Stellen Nachbesserungen vor, die sowohl die Fachgesetze als auch das Telekommunikationsgesetz betreffen. So sind insbesondere Auskünfte zu Nutzungsdaten im repressiven Bereich nur für die Verfolgung von Straftaten, nicht jedoch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten möglich. Außerdem wird klargestellt, dass nur bei Vorliegen einer bestimmten besonders schweren Straftat eine Passwortherausgabe in Betracht kommt. Darüber hinaus sollen Telemediendienstanbieter Auskunft zu den ihnen jeweils vorliegenden Bestandsdaten nicht zur Verfolgung jedweder Ordnungswidrigkeit, sondern lediglich zur Verfolgung besonders gewichtiger Ordnungswidrigkeiten erteilen dürfen.
Ausfertigung weiterer Gesetze ausgesetzt
Mit Blick auf das Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundespräsident zwei Gesetze zunächst nicht ausgefertigt, die Bezug zur Bestandsdatenübermittlung haben. Das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität sieht ebenfalls eine Bestandsdatenauskunft vor. Anbieter müssen danach strafbare Inhalte direkt an das Bundeskriminalamt melden. Dieses soll die gemeldeten Inhalte prüfen und anhand der ebenfalls gemeldeten IP-Adresse Bestandsdaten erheben, mit denen der Nutzer identifiziert werden kann. So kann das Bundeskriminalamt auch anonyme Inhalte zuordnen. Es enthält damit, - wie auch das Gesetz zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstes - Regelungen, die inhaltlich vollständig einzelnen Normen entsprechen, die das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt hat. Mit dem nun im Vermittlungsverfahren behandelten Gesetz sind auch die Bestandsdatenauskunftsregelungen dieser beiden Gesetze an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst worden.
Bestätigung in Bundestag und Bundesrat
Der Bundestag hat den Einigungsvorschlag am 26. März 2021 angenommen. Der Bundesrat hat dem Gesetz ebenfalls in seiner Sitzung vom 26. März 2021 zugestimmt. Nach Bestätigung beider Häuser ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz wurde - wie auch das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität und das Zollfahndungsdienstgesetz - am 30. März 2021 durch den Bundespräsidenten unterzeichnet und am 1. April 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es ist am 2. April 2021 in Kraft getreten.
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