Eine Frage, die sich angesichts der regelmäßig wiederkehrenden Debatten um Föderalismusreform, Steuerertragshoheit, Kompensationszahlungen, Länderfinanzausgleich, Steuergerechtigkeit etc. unweigerlich anschließt. Erst vor kurzem landete das Gesetz zur Reform der Kfz-Steuer im Vermittlungsausschuss, weil sich Bund und Länder bei den Kompensationszahlungen für weggefallene Steuereinnahmen nicht einigen konnten.
Rätsel Finanzausgleich
Steuern sind oft ein Buch mit sieben Siegeln. Nicht selten fängt dies im eigenen Mikrokosmos mit der persönlichen Steuererklärung an und setzt sich im Makrokosmos fort. Bei der Steuererklärung hilft der Steuerberater. Zum Verständnis des großen Ganzen liefert das Grundgesetz eine erste Orientierung. Es bestimmt die föderale Struktur der Bundesrepublik und damit die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Diese Aufgabenverteilung wäre jedoch unzureichend, wenn nicht geklärt würde, wer die Kosten für die Aufgabenerledigung zu tragen hat und woher die Mittel zur Begleichung der Kosten genommen werden sollen. Speziell diese Fragen beantwortet die Finanzverfassung des Grundgesetzes.
Da Steuern die ergiebigste Einnahmequelle des Staates sind, sind sie zugleich das wichtigste Instrument zur Finanzierung staatlicher Aufgaben. Die Finanzverfassung regelt deshalb genau, inwieweit Bund und Ländern die eingenommenen Steuern zustehen. Diese Zuweisung der Steuerquellen und Steuereinnahmen bezeichnet man als den aktiven Finanzausgleich. Primäres Ziel der Steuerverteilung ist es, die Länder in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen und Eigenstaatlichkeit zu entfalten. Angesichts der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Länder überrascht es nicht, dass die Verteilung der milliardenschweren Einnahmen nicht mit einem Handschlag erledigt ist. Tatsächlich müssen verschiedene Schritte und Ebenen unterschieden werden.

Steuerverteilung - wer verteilt hier eigentlich was an wen und warum?
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Primärer vertikaler Finanzausgleich
Zunächst wird das gesamte Steueraufkommen auf die beiden staatlichen Ebenen - Bund und Länder - verteilt: Der so genannte primäre vertikale Finanzausgleich. Seit der Finanzreform von 1969 gilt insoweit eine Mischung aus Trenn- und Verbundsystem. Je nach Steuerart stehen Bund und Ländern die Erträge deshalb ganz oder nur anteilig zu. Der Vorteil dieses gemischten Systems liegt in einer geringeren Abhängigkeit der einzelnen Anspruchsinhaber untereinander. Außerdem können Steuereinnahmen bei Bedarf leichter korrigiert werden.
Unter die Verbund- oder auch Gemeinschaftssteuern fallen die besonders ertragreichen Steuern. An ihren Erträgen werden sowohl Bund als auch Länder beteiligt. Hierzu gehören die Einkommen- einschließlich Lohnsteuer, die Körperschaft- und die Umsatzsteuer. Abzüglich des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer erhalten Bund und Länder von der Einkommen- und Körperschaftsteuer je die Hälfte. Die Verteilung der Umsatzsteuer bestimmt nicht die Verfassung, sondern das Finanzausgleichsgesetz. Da für seine Änderung keine Zwei-Drittel-Mehrheit von Bund und Ländern erforderlich ist, bezeichnet man die Umsatzsteuer auch als flexibles Element in der vertikalen Steuerverteilung. Derzeit stehen dem Bund 54,7 Prozent und den Ländern 43,3 Prozent aus der Umsatzsteuer zu. Die Gemeinden erhalten seit dem Wegfall der Gewerbekapitalsteuer im Jahr 1998 mit 2 Prozent ebenfalls einen Anteil aus der Umsatzsteuer.
Die Erträge aus den Trennsteuern fließen Bund und Ländern - wie der Name schon sagt - getrennt zu. Beispiele für Bundessteuern sind die Energiesteuer, die Tabak- und Kaffeesteuer, die Versicherungsteuer, die Alkopopsteuer und ab Juli 2009 die Kfz-Steuer. Den Ländern gehören hingegen die Grunderwerbsteuer, die Erbschaft- und Schenkungsteuer, die Rennwett- und Lotteriesteuer, die Spielbankabgabe, die Feuerschutzsteuer und die Biersteuer. Letztere brachte ihnen im Jahr 2006 insgesamt 779 Millionen Euro, wobei der versteuerte Bierabsatz 92,0 Millionen Hektoliter betrug.

Steuerverteilung - wer verteilt hier eigentlich was an wen und warum?
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Primärer horizontaler Finanzausgleich
In einem nächsten Schritt ist das Steueraufkommen der Länderebene auf die 16 Länder zu verteilen. Bei den Trennsteuern steht den Ländern grundsätzlich das örtliche Aufkommen einer Steuer zu. Dieses Prinzip wird bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer korrigiert, indem der Wohnsitz bzw. der Sitz der Betriebsstätte berücksichtigt wird - die so genannte Zerlegung. Die Verteilung der Umsatzsteuer erfolgt nicht nach dem örtlichen Aufkommen. Mindestens 75 % ihres Gesamtaufkommens werden nach Einwohnerzahl verteilt. Den Rest erhalten steuerschwache Länder.
Sekundärer horizontaler Finanzausgleich
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist von Land zu Land verschieden. Die Ursachen sind verschiedenster Art, interessieren bei der Steuerverteilung jedoch nicht. Denn hier gilt das Ziel, es allen Ländern zu ermöglichen, ihren zugewiesenen Aufgaben nachzukommen. Nach dem grundgesetzlich verankerten Länderfinanzausgleich werden wirtschaftliche Schieflagen zwischen den Ländern verringert, indem finanzstarke Länder die finanzschwachen unterstützen. Vergleichsgrundlage ist die Finanzkraft eines Landes je Einwohnerzahl. Die Finanzkraft eines Landes ist die Summe seiner Einnahmen und - zu 64 Prozent - die Einnahmen der Gemeinden.
Der Länderfinanzausgleich kam erstmals im Jahr 1953 zum Zug. Im damaligen Nachkriegsdeutschland verfügten die Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen über finanzielle Mittel zum Aufbau, die den anderen Ländern schmerzlich fehlten. Dies drohte nicht nur den wirtschaftlichen Aufschwung, sondern auch den föderativen Zusammenhalt der jungen Republik zu gefährden. Am 3. Juni 1953 verabschiedete der Bundestag deshalb ein Gesetz, das die finanzstarken Länder zu Ausgleichszahlungen an die ärmeren verpflichtete. Ermächtigungsnorm war damals wie heute Artikel 107 des Grundgesetzes.
Sekundärer vertikaler Finanzausgleich
Über Bundesergänzungszuweisungen können leistungsschwache Länder in einem vierten Schritt ergänzende Bundesmittel erhalten. Anspruch auf Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen haben Länder, deren Finanzkraft je Einwohner unter 99,5 % der durchschnittlichen Finanzkraft je Einwohner liegt. Durch die zusätzlichen Mittel wird der Abstand zum Länderdurchschnitt erheblich reduziert.
Spezielle Sonderlasten einkommensschwacher Länder können darüber hinaus durch Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen ausgeglichen werden. Derzeit erhalten sie vor allem ostdeutsche Länder und Berlin. Bis 2019 sollen diese Zahlungen schrittweise abgebaut werden.